Es gibt kaum ein Ranking der lebens- und liebenswertesten Städte der Welt, in dem die kanadische Metropole Vancouver nicht Jahr um Jahr einen der vordersten Plätze belegt. Was macht den Reiz dieser Stadt an der kanadischen Westküste aus? Warum erliegen so viele Besucher ihrem Charme? Ist es die pulsierende City mit ihrem bunten Angebot an Lokalen? Ist es das vielfältige Indoor- und Outdoor-Sport- und Kulturprogramm? Sind es die beschaulichen Stadtteile mit ihren kolonialen Häusern? Oder ist es das Umfeld mit all den Wäldern und Bergen, die im Sommer wie im Winter eine starke Anziehungskraft ausüben? Und muss nicht auch solch eine Stadt ihre Schattenseiten haben?
All das hätte sich der englische Kapitän George Vancouver nicht träumen lassen, als er 1792 als erster weißer Entdecker in diesem Fjord namens Burrard Inlet seinen Fuß an Land setzte, aber relativ schnell weiter segelte ob der schlecht zugänglichen Landschaft mit ihren dichten Wäldern. Auch John „Gassy“ Deighton wäre wohl nie in den Sinn gekommen, dass er um ein Haar Namensgeber dieser Metropole geworden wäre, als er ganze 70 Jahre nach dem englischen Kapitän weniger würdevoll mit einem Boot, seiner indianischen Frau und einem Fass Whisky anlandete. Aber er erkannte seine Chance und er hatte unternehmerisches Talent. Er eröffnete einen Saloon, der ab Beginn wegen der vielen Goldsucher, Jäger und Holzfäller gut florierte und schnell weitere Ansiedlungen um ihn herum nach sich zog, erst recht als die Canadian Pacific Railway die Berge überwunden und die Pazifikküste erreicht hatte – Gastown war geboren und gilt bis heute zusammen mit dem daneben liegenden Chinatown als die Keimzelle Vancouvers. Relativ schnell wurde den gewählten Vertretern jedoch klar, dass man die Stadt unmöglich nach dem Spitznamen eines berüchtigten und geschwätzigen („gassy“) Trunkenbolds und Barbesitzers nennen konnte. Und so erinnerte man sich an den flüchtigen Besuch des englischen Seefahrers, der so wider Willen Geschichte schrieb (davon aber leider nichts mitbekam, weil er schon im Alter von vierzig Jahren in Good Old England an einer Überfunktion der Schilddrüse verstarb).
Spätestens mit der Eisenbahn kamen erstmals Menschen aus allen Herrenländern nach Vancouver. In der Frühphase waren es neben Kanadiern und US-Amerikanern vor allem Chinesen, die als Bau- und Gleisarbeiter die menschenmordende Arbeit in den Bergen hatten verrichten müssen und sich nun in Chinatown niederließen. In den Anfangsjahren der Stadt kam es nicht selten zu antiasiatischen Protesten und Unruhen, teilweise mit Gewaltausbrüchen. Der Widerstand gegen die asiatische Einwanderung zeigte sich beispielsweise im Jahr 1914, als einem Schiff, das mehr als 300 Inder an Bord hatte, die Einfahrt in den Hafen verwehrt wurde und es zwang, nach Indien zurückzukehren. Und das, obwohl alle Inder britische Pässe hatten. Nichtsdestoweniger war auch nach dem Zweiten Weltkrieg ein Zustrom von Ostasiaten, und auch hierunter vor allem wieder Chinesen, zu verzeichnen. Die chinesische Abstammung wird in jeder Familie und in der gesamten chinesischen Community bis heute kultiviert und zelebriert. Aber auch die internationalen Besucher dürfen und sollen teilhaben, so zum Beispiel im Dr. Sun Yatsen Classical Chinese Garden, der in der Tradition der Ming-Dynastie von über fünfzig Gärtnern aus Suchou angelegt wurde. Streng getrimmte Zypressen und Kiefern, kunstvolle Arrangements aus seltenen Taihu-Felsen, jadegrüne Teiche und stilvolle Pavillons mit Terrakottadächern bilden eine stille, teilweise aber auch leicht marode Oase im Trubel der Großstadt. Gleich nebenan an der 50 East Pender Street gelangt man durch das China Expo Gate, ein farbenfrohes Pagodentor, zum Chinese Cultural Centre, wo man Informationen über Geschichte, Wirtschaft und Kultur Chinatowns erhält.
Trotz der anfänglichen Ressentiments war die Stadt seit ihrem Bestehen ein beliebtes Ziel für Einwanderer nicht nur aus Asien, sondern auch aus anderen Teilen Kanadas und aus Übersee. Heute ist Vancouver Heimat für Menschen mit hundert verschiedenen Nationalitäten. Diese multikulturelle Mischung hat über die Jahre das Gesicht der Stadt geprägt und hierfür ist sie auch berühmt geworden. Man toleriert und respektiert sich – egal, ob man seine Ursprünge in Russland, Vietnam, Kolumbien, Italien, Afghanistan, Japan oder sonst wo hatte. Viele Menschen haben schwere Schicksale und bewegende Lebensläufe hinter sich und alle sind gemeinsam einfach nur froh, in dieser sicheren und wunderschönen Umgebung friedlich miteinander leben zu dürfen. Und diese Multikulturalität spüren auch die Besucher aller Nationen. Egal, woher man kommt, ist man in dieser kosmopolitischen Metropole erst einmal vorurteilsfrei willkommen. Dadurch stellt sich bei den Gästen aus aller Welt schnell ein Wohlbefinden ein. Bei dieser offenen Welcome-Stimmung ist es leicht, ein Identitätsgefühl aufzubauen. Dabei sind sich die Einwohner ihres diesbezüglichen liberalen Rufs durchaus bewusst. Man ist schlichtweg besonders, man weiß das und steht auch dazu. Manchmal imponiert dieses Selbstbewusstsein fast schon ein wenig „snobby“, aber selbst das ist hier schon wieder absolut sympathisch und kein Anlass für einen Kratzer im Image-Lack.
Apropos Lack. Wir kennen keine Zahlen und internationalen Vergleiche, aber während unserer Monate in Vancouver war die Stadt gefühlt die Welthauptstadt der Elektroautos. So viele Teslas und eCars aller renommierten Marken haben wir nie zuvor in dieser Dichte gesehen. Und das passt mal wieder zum generellen Selbstverständnis der Vancouver-People. Man achtet auf Nachhaltigkeit. Und man lebt gesund. Die biologischen Produkte dominieren die Regale der Supermärkte, Einkaufen auf einem der vielen Farmers-Märkte ist obligat (inklusive dem wöchentlichen Plausch mit dem Farmer oder der Farmerin und natürlich mit den Nachbarn sowie der kleinen Spende für den Country- und Western-Gitarristen in einer Ecke des Marktes). Die Mülltrennung erfordert eine unüberschaubare Anzahl an Tonnen und muss schon rein flächentechnisch beim Hausbau unbedingt berücksichtigt werden. Allerorts gibt es Möglichkeiten für kostenlose sportliche Aktivitäten. Auf den Grünflächen treffen sich die Baseball- oder Kricket-Gruppen, und auf Asphalttennisplätzen kann jeder spielen, der Lust hat. Oder glaubt, dass das Tennis ist, was er praktiziert. Man wartet einfach und legt sich in die Sonne, bis ein Platz frei wird. Oder man geht zu einem der gemeinschaftlichen kleinen Gärten, die über die ganze Stadt verstreut sind, und baut sich sein eigenes Gemüse oder ein paar bunte Blumen an. Das alles hat natürlich nicht nur sportliche und gesundheitsfördernde Aspekte, sondern ist kommunikativ und fördert das Gemeinschaftsgefühl, ebenso wie die vielen Nachbarschafts- und Straßenfeste.
Die Struktur der vielen Vororte und Wohngebiete (deren Bedeutung im englischen Begriff „Neighbourhood“ viel besser zum Ausdruck kommt) ist wie geschaffen für Feste aller Art. Nehmen wir zum Beispiel Kitsilano oder schlicht Kits, wie die Locals sagen. Holz- und Steinhäuser im kolonialen Stil säumen unendlich viele Alleen. Da sperrt man einfach eine ganze Straße, stellt ein paar Stände, Bänke und Pavillonzelte auf, dazu ein DJ oder eine lokale Band und los geht's. Die Atmosphäre ist so überschwänglich herzlich – das Partyhütchen und der Namenaufkleber dürfen natürlich nicht fehlen und sind eigentlich sogar Pflicht –, dass man sich wie beim Leben auf dem Dorf schon gelegentlich fragt, ob man sich diesem „Neighbourhood um jeden Preis“-Druck überhaupt entziehen kann. Die meisten Familien in Stadtteilen wie Kitsilano sind jung und lernen sich über diese Feste besser kennen. Die Vorbesitzer verkaufen ihr Haus aus Altersgründen oder ihre Erben tun dies, es erfolgt ein modernisierender Umbau im großen Stil, eine Kernsanierung unter Erhalt der Fassade – Gentrifikation, wie man es aus vielen Städten dieser Welt kennt. Bestimmte Gesellschaftsschichten finden sich zusammen, das Preisniveau steigt vielerorts jedoch durch die Transformation leider ins fast Unbezahlbare.
Aber natürlich gibt es auch noch andere Stadtteile mit ganz anderem Zuschnitt und ganz anderer Architektur. Da ist zum Beispiel Yaletown. In Downtown am Nordufer von False Creek gelegen wird Yaletown innerhalb der City mit ihrer typischen Manhattan-Skyline oft auch als Soho von Vancouver bezeichnet. Yaletown ist der „trendy“ Stadtteil mit hippen Loftwohnungen, Büros, Boutiquen, Galerien, schicken Restaurants und erfolgreichen Leuten, wo man nur hinsieht. Oder zumindest bemüht man sich, allenthalben als erfolgreicher Yuppie, Start-up-Entrepreneur oder Hedge-Fonds-Manager eingestuft zu werden. Das Motto hier ist sehen und gesehen werden. Hier kann man der nachbarschaftlichen Enge entfliehen, wenn man will.
In Anbetracht der vor Chrom und Edelstahl blitzenden Hochhäuser in der City und der schicken Villen in den Vororten fragt man sich unweigerlich, ob es denn in dieser Stadt auch sozial schwache Mitmenschen gibt und wo denn eigentlich die indigenen Ureinwohner verblieben sind.
Vielleicht zuerst zu Letzteren. Ihre Zahl ist schwer zu schätzen, aber offizielle Stellen sprechen von etwa 10 bis 20.000 Kanada-Indianern im Stadtgebiet Vancouver, die meisten davon im Bezirk North Vancouver. Zur Relation: Vancouver als drittgrößte Stadt Kanadas hat insgesamt etwa 600.000 Einwohner, über 2 Mio. im Großraum, und ist damit Kanadas drittgrößte Stadt. Deutlich mehr indigene Menschen leben nördlich von Vancouver rund um Squamish und auf Vancouver Island, wo die Indianerstämme Gletscher-Wandertouren und Kanufahrten zu Orca-Walen anbieten und wo man ganz nebenbei eine Menge über deren Kultur und Rituale erfährt und – wenn einem Andenken dieser Art wichtig sein sollten – einen handgeschnitzten Totempfahl erwerben kann. Die indigenen People gehören zu den First Nations, womit über 600 verschiedene indigene Völker Kanadas bezeichnet werden. Die zehn First Nations in Greater Vancouver haben in mehrfacher Hinsicht eine Sonderrolle. So grenzen die traditionellen Gebiete der Indianer Rechtsbezirke ab, in denen der Staat bei allen Dingen, die dieses Gebiet betreffen, zu rechtzeitigen Konsultationen verpflichtet ist. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass staatliche Gebäude nicht ohne Beratung mit der betroffenen First Nation verkauft werden dürfen.
Beschäftigen wir uns mit den Menschen in tieferen sozialen Schichten oder gar am Rand der Gesellschaft, kommen wir zwangsläufig nochmals auf Gastown zurück. Gassy Deighton war mit seiner Kneipe leider auch in einer ganz anderen Richtung ein Wegbereiter. Gastown ist heute zu einem Sammelplatz für Suchtkranke, Obdachlose und Entwurzelte aller Art geworden. Ein „Problemviertel“ im soziologischen Fachjargon. Die Zahl der Frauen und Männer, die auf den Gehsteigen, in Hauseingängen und sogar mitten auf den Straßen liegen, geht in die Tausende. Ein unbeschreibliches, schockierendes Bild. Leere Augen starren einen an, die meisten haben nicht einmal mehr die Kraft zum Betteln. Gestalten, die in den absurdesten Positionen vornübergebeugt und in sich verkrümmt so verharren, wie sie sich Sekunden zuvor den Schuss gesetzt haben. Manchmal hat es nicht mal mehr gereicht, das Stauband oder gar die Spritze selbst zu entfernen. Alkohol und Drogen haben jegliche menschliche Regung aus diesen Körpern entschwinden lassen, leere Hüllen ohne einen Funken menschlicher Würde. Die Stadt Vancouver bekommt diese Situation nicht nur nicht in den Griff, sondern ist retrospektiv sogar teilweise schuld daran. In guter Absicht bot man vor einigen Jahren Drogenabhängigen garantiert reines Heroin und sauberes Spritzbesteck in städtisch kontrollierten Ausgabestellen an, um den vielen Todesfällen durch gestreckten und verunreinigten Stoff Einhalt zu gebieten. Die Folge war ein Zustrom an Suchtkranken aus ganz Nordamerika und oft auch aus anderen Ländern der Welt. Man hatte nach dem Goldrausch einen zweiten Rausch ausgelöst, aber ganz anderer, verheerender Art. Tapfer kämpfen ein paar Freiwillige in den Straßen oder die Schwestern der Erzdiözese Vancouver in ihrer kleinen Anlaufstelle einen aussichtslosen Kampf, indem sie jeden Tag Essen verteilen und auch mal Kleiderspenden weitergeben können. Die Schlange vor ihrem schlichten Stand zieht sich zur Essensausgabe um mehrere Blocks.
Da fällt die Kurve zurück zur entspannten, relaxten, nachhaltigen Öko-, Glamour- und Glitzerstadt schwer. Und eigentlich doch wieder nicht. Man muss von Gastown kommend nur eine Straße überqueren und ist plötzlich von Edelboutiquen umgeben, vor denen schon einmal ein Porsche Panamera 4 E-Hybrid oder andere Luxuskarossen parken. Menschen flanieren mit den Einkaufstüten renommierter Marken die Schaufenster entlang. Oder streben einem der angesagten Restaurants zu. Was für ein Kontrast. Unweit lehnen Männer oder Frauen an Hauswänden, umgeben von leeren Bier-, Wein- oder Schnapsflaschen, während man auf einer Terrasse hin zur Straße in seiner ganz eigenen Welt einen Cocktail schlürft.
Jedes der vielen Stadtbezirke Vancouvers wäre wegen seines speziellen Charakters und Flairs eine Erwähnung wert. Vielleicht nur noch ein Wort zu West End. Das West End liegt westlich der Innenstadt und ist auf drei Seiten von Wasser begrenzt, nämlich von der English Bay, dem Coal Harbour und der Lost Lagoon. Außerdem gelangt man von dort in den riesigen Stanley Park mit seinen ausgedehnten und verschlungenen Waldwanderwegen. Eine weitläufige grüne Oase mitten in der Stadt. Das West End ist überwiegend ein Wohngebiet mit lockerer Atmosphäre, Schwulenbars im Davie Village, schicken Modeläden in der Robson Street und einem vielfältigen gastronomischen Angebot, das von Ramen- bis zu Fischrestaurants reicht.
Gerade diese Dichte an herausragenden Restaurants ist nicht nur für das West End, sondern für ganz Vancouver typisch. Vancouver wird mit seinen über 3.000 Restaurants oft als „kulinarische Weltstadt“ gerühmt, es soll angeblich die beste Auswahl an Spezialitätenrestaurants nördlich von San Francisco und westlich von Montreal besitzen. Zudem ist das Angebot auch kulturell kaum zu übertreffen, kein Wunder bei Einwohnern aus aller Herren Ländern. Sie suchen etwas Irisches, Peruanisches, Toskanisches, Kantonesisches, Koreanisches, Taiwanesisches, Hawaiianisches, Phillipinisches, Belgisches, Marokkanisches, Burmesisches oder Armenisches? Was auch immer, in Vancouver kein Problem.
Neben der kulinarischen Kultur für den Leib braucht die Kultur für den Geist in Vancouver keinen Vergleich zu scheuen. Es gibt dutzende Museen, Kunstgalerien und Theater. Was geboten wird, ist auch international erstklassig. Viele internationale Stars machen auf ihren Tourneen in Vancouver Station, ausverkaufte Häuser (sehr häufig die Rogers Arena, die eigentlich ein Eishockeystadion ist) sind bei dem musikbegeisterten Menschen fast schon garantiert. Da wunderte es uns schon überhaupt nicht mehr, wieviel Mühe manche Besucher mitunter auf sich nehmen, um an den ständig wechselnden Events teilzunehmen. Bei einem Konzert von Rod Stewart wurden viele Fans mit Spezialfahrzeugen in Rollstühlen oder halb liegend transportiert. Gut, das mag daran liegen, dass seine Fans zusammen mit Rod Stewart alt und gebrechlich geworden sind, aber die ausgelassene Freude und die strahlenden Augen aller mitsingenden Konzertgäste in einer tobenden und brodelnden Halle zu sehen – ob alt, ob jung, ob durchtrainiert oder vielleicht etwas kränkelnd, ob reich oder arm und ganz egal welcher Hautfarbe –, erzeugt Gänsehaut und ist typisch für die Musikaffinität dieser Stadt, aber auch für den „Melting Pot“, den Schmelztiegel namens Vancouver.
Last not least hat Vancouver noch eine Trumpfkarte im Ärmel. Die Stadt ist ein Paradies für Outdoor-Enthusiasten. Eingerahmt vom Pazifischen Ozean und den Coast Mountains sind Vancouvers gewundene Küstenwege die perfekte Möglichkeit, die Stadt zu erkunden. Fast 30 Kilometer ununterbrochener Uferweg umgeben die Stadt. Fitnessfans und Naturliebhaber haben die Qual der Wahl. Das Angebot umfasst Reiten, Schwimmen, Tauchen, Golf auf zwei Dutzend Plätzen, Windsurfen im Hafen, Segeln in der Strait of Georgia, Wildwasserfahrten mit Kanu, Floß oder Kajak in den nahen Flüssen und Seen, Wandern, Bergsteigen und nicht zuletzt Wintersport aller Art.
Selbst wenn man sich jedes Wochenende eine andere Wanderroute aussuchen würde, hätte man Monate, vielleicht sogar Jahre zu tun, um alle Wanderwege zu entdecken. Je nach Trail läuft man stundenlang allein durch tiefe Wälder, stößt auf versteckte, smaragdgrüne Seen oder blickt von Bergspitzen ins weite Land. Deep Cove, Quarry Rock, Lynn Headwater, Baden Powell, Lyn Loop, Cypress National Park, Eagle Bluffs und und und … Der berühmteste ist auch der anspruchvollste – der West Coast Trail. Seit mehr als 100 Jahren existiert der ehemals schmale Rettungspfad für Schiffbrüchige nun bereits an der Westküste von Vancouver Island. Der 75 Kilometer lange Trail gehört heute zum Pacific Rim Nationalpark. Entschleunigung, Staunen und Seele baumeln lassen ist auf fast allen Trails inklusive, vor allem wenn man sich mehr und mehr von den Parkplätzen entfernt. Aber Achtung. Überall, aber gerade im Norden von Vancouver Island kann man unterwegs auch jederzeit einem Schwarzbären begegnen. Da ist vorsichtiger und langsamer Rückzug geboten, erst recht wenn eine Bärin vielleicht Junge bei sich hat. Viele Wanderer tragen sogenannte Bärenglöckchen, um die Bären frühzeitig auf sich aufmerksam zu machen und den in der Regel scheuen Tieren die Chance zum Abdrehen zu geben. Das Aufeinandertreffen von Bär und Mensch ist nicht sehr wahrscheinlich, aber doch nicht ausgeschlossen. Immerhin gibt es in British Columbia und Alaska etwa 50.000 Grizzlybären (aufgerichtet bis zu 2,5 Meter groß) und über 200.000 Schwarzbären (aufgerichtet bis zu 1,9 Meter groß).
Die gleichen Berge, die im Sommer ein Wander-El Dorado bieten, lassen im Winter das Herz der Snowboarder und Skifahrer höherschlagen. Skigebiete wie Cypress Bowl, Grouse Mountain und Mount Seymour sind gerade mal 20 bis 40 Autominuten von Vancouvers City entfernt. Wenn nicht gerade alle auf die Idee kommen, den frisch gefallenen Pulverschnee zu genießen, dann kann es schon einmal etwas länger dauern. Große Höhenunterschiede, die meisten Pisten, mehr Terrain oberhalb der Baumgrenze und mehr Liftkapazität sind die eindrucksvollen Fakten von Whistler Blackcomb, und das keine zwei Stunden von Vancouver entfernt. Whistler ist in der Skiwelt ein Begriff und zieht Winter für Winter internationales Publikum aus den USA, Australien, Japan, Südamerika und Europa an. Die autofreien Villages zu Füßen der Pisten zählen mehr als 200 Shops sowie 100 Restaurants und kommen auch beim Après-Ski fast schon auf Alpenniveau. Bei diesem Spektrum an Pisten und der zugehörigen Infrastruktur war Vancouver nicht von ungefähr der Austragungsort der Olympischen Winterspiele von 2010. Im Gegensatz zu den Bergen im Umfeld hat die Stadt Vancouver durch die Lage am Wasser auf Meereshöhe selbst dagegen nur selten Schnee. Winter in der Stadt bedeutet häufig grau-kühles, regnerisches Wetter von November bis März. Durch die vielen Bäume entlang der Alleen kommt dann monatelang kaum Licht in die Wohnungen der ein bis zweistöckigen Häuser. Sehr kuschelig für die einen, Depressionen erzeugend für die anderen. Aber selbst sind Frau und Mann in Vancouver – mit der richtigen Kleidung und mit der richtigen inneren Einstellung ist jederzeit jede Outdoor-Aktivität möglich.
Vancouver – eine Stadt der (fast) unbegrenzten Möglichkeiten, die für (fast) jeden etwas zu bieten hat. Im Vergleich zu manch deutschen Städten ist Vancouver eine Fusion – die Lage am Wasser wie Hamburg, eine Business-City wie Frankfurt und die umgebenden Berge zum Wandern und für den Wintersport wie München. Aber eben alles in einem. Und zusammen mit der multikulturellen Weltoffenheit haben wir damit vielleicht auch die Antwort: Diese perfekte Kombination und die seltene Vielfalt sind es, die diese Stadt so lebens- und liebenswert machen.
Lassen Sie sich durch die folgenden Impressionen inspirieren:
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