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Joachim Materna & Ellen Kuhn

Oman - Oase des Orients mit beeindruckender Balance zwischen Tradition und Moderne

Aktualisiert: 14. Okt. 2022


Was macht den Oman zu einer Oase des Orients? Was ist anders als in anderen arabischen Staaten? Was verzaubert seinen Besucher und lässt ihn so manche Befürchtung oder gar Vorurteil über Bord werfen?

Eine Liebeserklärung.


Nackte Fakten. Der Oman ist ein Staat im Osten der arabischen Halbinsel, ist fast so groß wie Deutschland, hat aber nur etwa 4,2 Mio. Einwohner. Das Land ist eines der am dünnsten besiedelten Länder der Erde, weite Landstriche sind nahezu menschenleer. Nur noch 5 Prozent der Bevölkerung leben als Nomaden. Die Rub’ al Khali Wüste im Südosten des Landes erstreckt sich über weite Teile des omanischen Südostens bis hinein nach Saudi Arabien, den Jemen und die Vereinigten Arabischen Emirate und beinhaltet innerhalb von 650.000 Quadratkilometern nichts als Sanddünen, weshalb man diese Region auch als „Empty Quarter“, das leere Viertel des Landes, bezeichnet.

Der Sultan ist überall. Der aktuelle Alleinherrscher des Landes, Sultan Qabus ibn Sa'id Al Sa’id, verbrachte seine Kindheit im Süden des Omans in Salalah. Dort erwarb er durch arabische Gelehrte einen Teil seiner Ausbildung, die später auf einer Privatschule und in der königlichen Militärakademie in England fortgesetzt wurde. Nach Abschluss der Militärdienstzeit, in deren Rahmen er teilweise auch in Deutschland stationiert war, begab er sich auf eine 3-monatige WELTREISE. Einflüsse, die zu seiner Weltoffenheit sicher wesentlich beigetragen haben. Und zu der Erkenntnis, dass der Oman von seinem Vater im tiefsten Mittelalter gehalten wurde. Im Juli 1970 setzte er deshalb seinen Vater Sultan Said bin Taimur Al Said durch einen Staatsstreich ab und zwang diesen ins Exil nach London.

In den folgenden 45 Jahren lag dem jungen Sultan eine Öffnung und Modernisierung des Landes am Herzen. Mit den Einnahmen aus dem reichlich sprudelnden Erdöl im Norden des Oman und in den Wüstengebieten baute er Straßen, Schulen, Universitäten und Krankenhäuser. Jeder Omani sollte Zugang zu diesen Einrichtungen haben, war seine Maxime. Da er dem Volk darüber hinaus Steuerfreiheit und kostenlose medizinische Versorgung bietet, ist die Anerkennung hierfür und seine Beliebtheit unter dem Volk sehr hoch. Trotzdem gab es 2011 Demonstrationen in der Hauptstadt, die Sultan Qabus veranlassten, eine Umwandlung von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie in den nächsten Jahren anzukündigen. Die beiden bisher existierenden Parlamente, in denen alle Provinzen und Stämme vertreten sind, haben bislang nur beratende Funktion.

Der unter der Regierung des Sultans entstandene Wohlstand der Omanis macht das Land bei extrem niedriger Kriminalität sehr sicher. Und auch in der Außenpolitik gilt der Oman mit seinem friedfertigen und eher konfliktscheuen Sultan als sehr diplomatischer Vermittler vieler Krisen im Mittleren und Nahen Osten.

Mit Deutschland verbindet den Sultan ein enges Verhältnis, suchte er doch in den letzten Jahren aus gesundheitlichen Gründen immer wieder deutsche Kliniken, vor allem in Garmisch-Partenkirchen auf.

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Fischverkäufer in Maskat

Bewahrung der omanischen Kultur in einer sich ständig weiterentwickelnden Welt. Überall begegnen dem Besucher des Omans die Kontraste zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Hier noch immer einige nur mit Lasttieren erreichbare Bergdörfer, dort Rush-Hour in der Hauptstadt Maskat auf autobahnähnlichen Straßen durch die Stadt, angefüllt mit modernsten Autos, die mit Benzin betankt werden, das billiger ist als Trinkwasser.

Hier die traditionellen Tiermärkte und die kleinen, verwinkelten Souks, dort in direkter Nachbarschaft die klimatisierten und hochmodernen Shopping-Malls.

Hier die traditionell gekleideten Frauen, die ihre meist farbenprächtige Kleidung vor allem in den Städten unter dem schwarzen Abaya-Umhang verbergen, dort der wachsende Anteil an Frauen an der Universität in Maskat, der mittlerweile über dem der Männer liegt.

Hier die letzten Fischer, die immer noch mit ihren Teakholz-gefertigten Dhaus in die fischreichen Gewässer vor der omanischen Küste hinaussegeln, dort die junge Fischergeneration, die nur noch Fiberglas-Boote benutzt, sich dank guter Sprachkenntnisse dem wachsenden Tourismus zuwendet oder in modernen Berufen der Ingenieurwissenschaften der Abhängigkeit des Landes vom Öl entgegenwirkt.

Hier uralte steinerne Bewässerungskanäle über mehrere Kilometer (sogenannte Faladsch), die den Bauern auch heute noch nach einem ausgeklügelten System die Bewässerung ihrer Felder gewährleisten, dort das flächendeckende Kommunikationsnetz mit modernsten Mobiltelefonen bis in kleinste Beduinendörfer hinein.

Hier in allen Städten und Dörfern eine Vielzahl alter, neuer oder restaurierter Moscheen, die fast ausnahmslos den Namen des Sultans tragen und aus denen der Ruf des Muezzin wie seit Jahrhunderten den Tagesrhythmus bestimmt, dort das einzige Opernhaus auf der arabischen Halbinsel in Maskat, in dem unterschiedlichste Vorstellungen von Künstlern aus aller Welt aufgeführt werden.

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Sultan Qabus Moschee in Maskat

Ein Islam voller Toleranz. 75% der Bevölkerung gehören zur Gruppe der muslimischen Ibaditen, die sich durch eine überdurchschnittliche Toleranz gegenüber jeder anderen Glaubensrichtung auszeichnet. So können die überwiegend an den Küsten lebenden Sunniten ihre Religion ebenso frei ausüben wie die Schiiten, Hindus und Christen. Dazu passt auch, dass die große Sultan-Qabus-Moschee in Maskat fast immer offen ist für alle interessierten Besucher - Frauen wie Männer, Muslime wie Nicht-Muslime. Man will von Besuchern des Oman lernen und ist stets neugierig und nicht dogmatisch.

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Wahiba Wüste © travelART by ELLEN

Menschliche Wärme + echte Freundlichkeit + unverfälschte Gastfreundschaft = Wohlfühlatmosphäre. Freundlichkeit als Ausdruck der Wertschätzung und nicht aus Geschäftsinteresse. Gespräche aus Neugier und Interesse und nicht um den Touristen um den Finger zu wickeln. Respekt und Zurückhaltung gegenüber Frauen ohne anmaßend, herablassend oder fordernd zu sein. Wesenszüge, die Kenner anderer arabischer Länder überraschen, ungläubig zögern lassen. Nach einigen Tagen und vielen Kontakten geschieht das Umdenken. Es gibt es wirklich. Man kann entspannen, wahrnehmen, genießen. Und hoffen, dass diese wohltuende Wesensart der Omani trotz des aufkeimenden Tourismus erhalten bleibt.

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Canyon im Jabal Akhdar Gebirge © travelART by ELLEN

Landschaft der Extreme und Gegensätze. 1.700 Kilometer lange Küste. Wunderschöne, meist menschenleere Strände. Badewannenwarmes Wasser. Bis zu 3.000 Meter hohe Berge, in die die Flüsse in Millionen von Jahren tiefe Canyons hineingeschnitten haben. Flüsse, die während der meisten Zeit des Jahres überhaupt kein Wasser führen - sogenannte Wadis - mit einigen wenigen grünen Oasen, nach sintflutartigen Regenfällen aber alles mit sich reißen und überschwemmen, was sich ihnen in den Weg stellt. Gebirge wie das Hadja Gebirge oder der Jabal Akhdar, die über hunderte von Kilometern nur aus kahler Stein- und Geröll-Landschaft bestehen, aber einen mit ihrer spröden Schönheit in den Bann schlagen. Tiefebenen, in denen im Sommer Temperaturen an die 50°C jedes Leben und jede Aktivität erlahmen lassen, die aber vor allem im Süden um Salalah in der Regenzeit in schönster Farben- und Pflanzenpracht erblühen. Endlose Wüsten, eigene Welten aus Sand, in denen sich die wenigen Pflanzen- und kleinen Tiere mühsam von Tau und unterirdischem Wasser am Leben halten. Dünenlandschaften, die das Herz eines jeden Fotografen höher schlagen lassen.

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Altstadt Maskat © travelART by ELLEN

Duftende Visitenkarte. Ist die Landwirtschaft des Oman eher einfach-rustikal - kein Wunder bei nur 5% anbaubarer Landesfläche und daher eher bekannt für Knoblauch, Linsen, Mandeln, Walnüsse und Granatäpfel, so waren es kostbare Zutaten zu Luxusparfums, die dem Land Ende der 1980er Jahre plötzlich einen exklusiv-elitären Touch verliehen. Die besten Parfumeure entdeckten den Oman als Quelle seltener und wertvoller Zutaten. Myrrhe, Felsenrose, Silberweihrauch (seit Jahrhunderten als feinster und bester Weihrauch bekannt, aber nur als Räucherstoff oder aufgelöst in Wasser gegen Halsschmerzen und Erkältungen im Einsatz), Jasmin, Lilie, Sandel- und Zedernholz, Moschus, Zibet und Patchouli und vieles mehr waren die Grundlage für die kostbarsten Parfume der Welt. Das bekannteste „Amouage Gold“ begeisterte den Sultan so sehr, dass er es zum Staatsparfum erklärte und das Parfumhaus bis heute im Besitz der königlichen Familie ist.

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Kamelmutter mit Baby in der Wahiba Wüste © travelART by ELLEN

Kamele - Nutztiere, Statussymbol und Nebenerwerb. Ihre Funktion als Lasttiere haben sie fast völlig verloren. Vielen dienen sie immer noch als Fleischquelle. In den Vordergrund ist die Züchtung der Renn-Kamele getreten, die äußerst wertvoll sind, deshalb auch entsprechend sorgsam behandelt werden und nur bestes Futter erhalten. Der Kameltreiber von heute reitet auch nicht mehr selbst, sondern bewacht seine Kamele vom komfortablen, klimatisierten Vierrad-Geländewagen aus. Kann man ein einfaches Kamel noch für Preise ab 12.000 Euro erwerben, steigen die Preise für Renn-Kamele je nach Erfolg schnell auf weit über 100.000 Euro. Eine Investition, die sich lohnen kann, wenn man bedenkt, dass für den Sieg in einem Kamelrennen im Oman, in den Emiraten oder in Saudi Arabien Preisgelder um 2,5 Mio. Euro ausgeschrieben werden.

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Wadi Bani Khalid © travelART by ELLEN


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